Sonntag, 10. Oktober 2010

Wenn der kalte Wind dir in dein Gesicht schlägt.

Sie steht an der Brücke. Umgeben von Dunkelheit. Alles was sie hört ist das Rauschen des Wassers unter der Brücke und der Wind wie er mit ihren Haaren spielt.
Die Ruhe der Nacht vermischt mit der trügerischen verträumten Atmosphäre der ausserhalb gelegenen Brücke.
„Wenn ich jetzt springe, bin ich tot“, flüstert sie, „für immer aus diesem Leben geschnitten. Keiner kann mich mehr verletzten. Einfach weg von hier.“
Ein Vibrieren löst sie aus der Starre. Sie holt ihr Handy aus der Tasche und schaut auf den Bildschirm. Eine SMS. Von ihrem Freund. Er will wissen wo sie ist, aber anstatt zu antworten, macht sie das Handy aus und steckt es wieder in ihre warme Jackentasche.
Wieder hört sie den kalten Wind pfeifen. Langsam kommen ihr Zweifel auf. Soll sie wirklich springen? Sie hat doch ihren Freund. Einer der wenigen Menschen die ihrem Leben Bedeutung geben. Aber die Zweifel ob er sie liebt sind größer. Nie hat sie jemandem blind vertraut. Zu oft wurde sie verletzt oder ihr Vertrauen schamlos ausgenutzt.
Das Mädchen sackt auf den Boden hinab. Mit dem Rücken am Brückengeländer und das Gesicht tief in den Händen verborgen.
„Ich will nicht mehr. Dieses verdammte Leben habe ich nicht verdient. Ich will Freunde, eine wunderbare Familie und Vertrauen. Einfach nur glücklich sein und sich nicht jeden Tag aufs Neue in den Schlaf weinen. Ich will einfach nur ein anderes Leben. Ein besseres.“ ,flüstert sie unter Tränen zu sich selbst.
Sie merkt nicht wie auf der Straße eine Person auftaucht. Man erkennt nur wage ihre Umrisse, jedoch sieht man, dass die Person schnurstracks auf das zierliche Mädchen am Brückengeländer zugeht.
„Anna!“ erklingt eine tiefe Stimme und das Gesicht der Person wird von der Straßenlaterne erleuchtet. Das Mädchen schaut auf. Es ist ihr Freund der auf sie zu läuft und mehrmals ihren Namen ruft.
Schwer atmend beugt er sich zu ihr runter. „Anna, was machst du denn hier? Es ist 2 Uhr morgens! Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Was hast du dir nur gedacht?“ Wieder kullern Tränen ihr kaltes, bleiches Gesicht hinunter. „Ich wollte springen. Dieses Leben beenden. Was macht mein Leben denn für einen Sinn? Ich habe keine Freunde, eine kaputte Familie und schlechte Noten. Das Einzige was ein Lichtblick war, bist du. Ich liebe dich, aber du weißt wie schwer ich Menschen vertraue. Nicht einmal dir erzähle ich irgendwas. Wenn du wissen wolltest wie es mir geht, habe ich immer gelogen. Immer. Ich wollte dir einfach keine Gründe nennen. Es tut mir leid.“ Nun kommen auch ihm die Tränen. Er wusste nicht einmal ansatzweise was seine Freundin fühlt und hat nichts bemerkt. Gar nichts.
Eine Weile schauen sich die beiden an. Beiden rollen Tränen die kalten Gesichter runter und ihr Atem kommt im weißen Rauch zum Vorschein, so kalt ist es auf der Brücke. Das Rauschen des Wassers ertönt lauter. Endlich ergreift ihr Freund das Wort. „Anna. Ich liebe dich so wie du bist, auch wenn du es mir nicht glaubst. Sonst hätte ich dich wohl kaum mitten in der Nacht gesucht obwohl ich todmüde bin. Und wenn es jemand Leid tun muss dann mir. Ich habe nicht gemerkt, was bei dir los ist. Keinen blassen Schimmer hatte ich.“ Er hielt inne und versteckte nur schwer seine Tränen. „Ich bin so unglaublich froh, dich hier noch gefunden zu haben bevor du springen konntest.“
Sie schaut ihn an. Ihre großen blauen Augen blitzten in der Dunkelheit auf. Ein neues Gefühl überfällt sie. Das Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen. Ihr Lebenlang hatte sie sich nach diesen Gefühlen gesehnt und nun weiß sie endlich wie es sich anfühlt. Ein Lächeln legt sich auf ihre vor Kälte bläulichen Lippen. Sie beugt sich vor und küsst ihren Freund.
Das Mädchen will nicht mehr springen. Sie schaut zuversichtlich in die Zukunft. Eine gemeinsame Zukunft. Hoffentlich.

3 Kommentare:

  1. du weisst ja, dass ich es mag :*

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  2. du hast einen blogaward bekommen, wundere dich nicht, dein blog ist wudnerschön :')
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